Haltepunkt Ehrang-Ort wird Realität

 

EHRANG. Mit dem Bau eines Haltepunktes (Hp) nahe der Ehranger Ortsmitte beginnt die direkte Verknüpfung der Bahn mit dem Trierer Nahverkehrssystem.

 

Bauherr des zu 70 Prozent vom Land geförderten und mit insgesamt 4,35 Millionen Mark veranschlagten Projekts ist die Stadt Trier. Bauvorhaben dieser Größenordnung beginnen bekanntlich mit einem ersten Spatenstich. Dieser symbolische Arbeitsgang stand gestern auch an der Ehranger Franziskusstraße auf dem Programm. Schon erkennbar ist dort der zum Teil aufgeschüttete Unterbau des neuen Bahnsteigs.

Auf die Baustelle eingeladen hatte Triers Oberbürgermeister Helmut Schröer. Mit zum Spaten griffen auch Landrat Dr. Richard Groß als Vorsitzender des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (SPNV-Nord) und Ministerialdirigent Karl-Geert Kuchenbecker vom Mainzer Ministerium für Wirtschaft und Verkehr. Als Beobachter hatten sich Vertreter der beteiligten Behörden, der Bahn AG und des Ehranger Ortsbeirats eingefunden. Und in "fast beschlussfähiger Stärke" - so Gastgeber Schröer - waren die Mitglieder des Trierer Stadtrats in Ehrang erschienen.

Der im Stadtteil Ehrang entstehende Hp ist der erste von mittelfristig sieben geplanten Neuanbindungen im Rahmen des Trierer Regionalbahnkonzepts. Wenn der Hp entlang Franzikus- und Gartenstraße im Mai 2001 in Betrieb geht, können sich die Ehranger über einen erheblich verkürzten Anmarsch zum nächsten Bahnanschluss freuen. Dort werden sie zwei gegeneinander versetzte, 140 Meter lange und drei Meter Breite Bahnsteige vorfinden, die durch die vorhandenen Bahnunterführung der August-Antz-Straße von beiden Seiten des Bahndamms aus erreichbar sind.

Nach dem Gesamtkonzept des SPVN-Nord ist in der ersten Ausbaustufe eine so genannte Durchbindung (30-Minuten-Takt) auf der Schiene zwischen Trier und Wittlich vorgesehen. Der Ehranger Neubau ist Bestandteil dieses Gesamtkonzepts; das folgende Komponenten vorsieht:

- Angebot eines Taktverkehrs nach S-Bahn-Muster. Dadurch steigt die "zeitliche Verfügbarkeit" der Bahnen. Schwerfällige Fahrpläne mit langen "Angebotslöchern"

entfallen.

- Eine dichte Haltepunktfolge erhöht die räumliche Verfügbarkeit. Ergebnis: Die Bahnlinie gleicht in ihrer Struktur einer Buslinie mit vielen Zu- und Aussteigemöglichkeiten.

- Moderne elektrische Schienentriebwagen sorgen für mehr Fahrkomfort.

Die althergebrachten Trierer Bahnhöfe und Haltepunkte, so die Verkehrsplaner, würden das Stadtgebiet nur bedingt erschließen und seien kein vollwertiges ÖPNV-Angebot. So liegen viele der alten Stationen weit entfernt von Wohn- oder Gewerbegebieten. Umgekehrt durchquert die Bahn bisher ohne Halt und am Bedarf vorbei Stadtgebiete mit hoher Wohn- oder Gewerbedichte. Dagegen könnten folgende neue Haltepunkte Abhilfe schaffen: Ehrang-Ort (seit gestern offiziell im Bau), Hp Mäusheckerweg (das nächste Projekt), Hp Trier-Nord, Hp Kürenz, Hp Kaiserthermen, Hp St. Matthias und Hp St. Medard.

Noch ist dies nach Aussagen der städtischen Planer Zukunftsmusik. Könnte dieses Vorhaben jedoch umgesetzt werden, würden insgesamt zwölf Bahnhöfe und Haltepunkte entlang der Hauptstrecke im Stadtgebiet einen Korridor von zwölf Kilometern Länge und 1,5 Kilometern Breite erschließen.

Trotz des erfreulichen Anlasses, zu dem das benachbarte DRK-Ehrang die  Verpflegung aufgefahren hatte, sparten die offiziellellen Redner nicht mit deutlicher Kritik an der Fernverkehrspolitik. Landrat Groß sieht keine Hoffnung mehr für den Interregio entlang der Mosel. Für Ministerialdirigent Kuchenbecker ist der Versuch, die Region abzuhängen, auch eine Frage des Grundgesetzes. Und OB Schröer bezeichnet die Bahn-Pläne als "Unverschämtheit". Nicht nur die Region Trier werde vom Fernverkehr abgehängt, sondern auch der souveräne Staat Luxemburg werde seiner gesamten Ostanbindung beraubt.

 

(aus Trierischer Volksfreund, vom 24.10.00)